Frau Yasar im Land der Mörder



Der Tag im Reichstag endet in der Bibliothek. Ein Politiker der Linken kniet vor Salimes Rollstuhl und hält ihre Hand, sie schluchzt. Der junge Mann findet versöhnliche Worte. Er entschuldigt sich erkennbar ergriffen. Schlimm, wie die Stadt Rostock reagiert habe. Schlimm, dass es noch keinen Gedenkstein gebe. Er kniet vor der falschen Frau. Er hat Salime mit der Mutter von Mehmet Turgut, erschossen in Rostock, verwechselt. Deutschland verneigt sich vor den Opfern, egal, welchen.

Der ungleiche Häuserkampf



Zwei Stunden bevor er seine Wohnung endgültig verlieren wird, sitzt Ali Gülbol in der Küche und schält ein Frühstücksei. Die Wanduhr neben dem Schrank ist aus billigem Plastik, der Sekundenzeiger schleift.

Tsack, tsack, tsack. Sieben Uhr.
“Zu hart”, knurrt Ali Gülbol und legt das Ei halb gepellt auf den Teller.

Er läuft zum Fenster. Vom Hinterhaus, hier, aus der Wohnung seiner Eltern im vierten Stock, kann er eine Handvoll Polizisten im Garten stehen sehen. Von der anderen Seite kommen die Rufe der Demonstranten, es müssen Hunderte sein. Sehen kann er sie nicht.

Plötzlich ein lautes Knattern.

“Ist Krieg oder was?”, seine Frau Necmiye stürmt herein, reißt die Balkontür auf. In der Luft, vielleicht 200 Meter über den Gülbols, kreist ein Hubschrauber.

Operation Konfetti



Totales Versagen – und eine Zäsur in der Geschichte der deutschen Inlandsgeheimdienste. Der Präsident des BfV und die Chefs der Verfassungsschutzbehörden in Thüringen und in Sachsen verloren ihre Ämter. Statt aufzuklären, wurden beim Verfassungsschutz heimlich Akten über V-Leute und die gewaltbereite Neonaziszene geschreddert. Manche gar auf Anweisung aus dem Bundesinnenministerium. Untersuchungs- ausschüsse beschäftigen sich mit der Frage nach Verantwortlichen. Als oberster Aufklärer des Schredderskandals fungiert, diskret im Hintergrund, Innenstaatssekretär Klaus-Dieter Fritsche.